Kazimierz Korus

AN DEN QUELLEN DES GRIECHISCHEN LITERARISCHEN MIMUS

Zusammenfassung

    Der Tradition der Schule von Aristoteles folgend, qualifizierte der Autor den Mimus nach Art und Gattung. Dann knüpfte er an dessen Anfänge an, indem er das Schaffen des sizilianischen Dichters Epicharm untersuchte, und stellte die These auf, wenn nach Meinung der Gelehrten des Altertums und der Neuzeit die Werke Epicharms ihrem Charakter nach sowohl Komödien als auch Mimen glichen, dann müsse auch das literarische Vorbild jener komödienhaften Mimen die Eigenschaften der späteren, eigenständigen Gattungen, d. h. sowohl der Kömodien als auch der Mimen, besitzen. In Anlehnung an Euanthius bezeichnete er die Odyssee als deren literarische Quelle. Dann zeigte er, wie weitgehend und auf welche Weise die Odyssee in der Jugendzeit Epicharms auf Sizilien bekannt war. Danach bestimmte er die Gattungsmerkmale des Mimus, um ein Kriterium für seine wissenschaftlichen Untersuchungen zu gewinnen. Dieser Festlegung entsprechend, stellte er fest, daß das Lied Demodoks (VIII 266-369) die Kriterien einer komödienhaft-mimischen Szene mit satirischem Charakter erfüllt und eine der Quellen des literarischen griechischen Mimus darstellen kann. Es besteht nämlich aus einer Szene mit Rahmencharakter, die ein Thema behandelt, das im späteren Mimus beliebt und auch rahmenhaft gefaßt ist: Erzürnung-Wiedergutmachung. Sie wurde, als komische oder satirische Szene, von Homer bewußt entworfen, der ihr eine deutlich ludistische Funktion verlieh. Dafür sprechen folgende Argumente: 1. Lukian, der diese Szene umarbeitete und interpretierte, behandelte sie als mimische Szene mit satirischem Charakter, worauf die von ihm herausgestellten strukturellen Merkmale hindeuten. 2. Die durchgeführte Untersuchung ergab, daß die Szene stark am Empfänger orientiert war. Ihre Aufgabe bestand darin, bei ihm Freude und Fröhlichkeit hervorzurufen - terpein. Der Autor betrachtet den Begriff terpein als ein Synonym für gelotopoiein, und die Art und Weise, wie die Szene angelegt ist, bezeichnet er mit dem Begriff episkoptein. Demodok entschied sich dafür, das Lachen Odysseus' durch "das Lachen über jemand anders" hervorzurufen. Auch der Held des Liedes, Hephaistos, forderte die Götter auf, über Ares zu lachen. Hier kommt es zu einer deutliche Paralle zwischen der Art und Weise, wie die reale Welt der Menschen konstruiert wird (Odysseus - Euryalos - Alkinoos - Demodok) und ihrem mimetischen Abbild, der Welt der Götter. Im Bereich der Beziehung des Verfassers zur dargestellten Wirklichkeit hob der Autor dieser Studie das Prinzip der Umgestaltung der Wirklichkeit hervor, die von Demodok in seinen Mimen nachgeahmt wurde und die zur Veränderung, Verdichtung oder Überspitzung der Wirklichkeit führte, in diesem Fall der literarischen Wirklichkeit, die in der Szene der Beleidigung und Erzürnung des Odysseus durch Euryalos zum Ausdruck kam. Als ein zusätzliches Merkmal dieser mimischen Szene mit satirischem Charakter, die nach dem Grundsatz episkoptein angelegt wurde, bezeichnet der Autor die Tatsache, daß der Verfasser moralisiert bzw. das dargestellte Ereignis, das aus nur einem Motiv besteht, kommentiert.